Du hast mittlerweile fast ein Dutzend Kriminalromane geschrieben, wie hat sich der Markt in den letzten Jahren verändert?
Aus den gut 200 Krimiautoren, die es Mitte der Neunziger im deutschsprachigen Raum gab, sind rund 600 geworden. Anfänger haben es heute einfacher, dafür sind die Auflagen geschrumpft. Nicht nur viele kleine, sondern auch große Verlage wie Rowohlt und Piper setzen zum Teil auf regionale Vermarktung, d.h. auf viel Lokalkolorit im Text. Ich empfehle Autoren trotzdem, auf große Themen und Konflikte zu setzen und sie nicht von vornherein zum „Regiokrimi“ zu verniedlichen.

Wie gehst du beim Schreiben eines neuen Romans vor? Steht der Plot von vornherein genau fest?
Die wichtigen Figuren und die Wendepunkte der Handlungsstränge sollten zunächst feststehen wie auch der Schluss. Aber ich muss zugeben, dass ich mich nicht immer an diese Regel halte. Ein paar Szenen von „Schwarzer Schwan“ hatte ich aus Ungeduld bereits geschrieben, bevor die Gesamtkonstruktion stand. Und auch später änderte sich einiges, stellte ich um und verteilte Gewichte neu. Beim Schreiben lerne ich meine Figuren erst richtig kennen und muss das Gerüst der Geschichte manchmal nachjustieren - das berühmte „Eigenleben“ der Figuren.

Du legst Wert auf eine realistische Abbildung der Polizeiarbeit. Wie bereitwillig geben Kommissare bei der Recherche Auskunft?
Manchmal staune ich selbst, wie offen viele Menschen, nicht nur Polizisten, über ihre Arbeit reden. Vielleicht weil ich Ihnen das Gefühl gebe, sie ernst zu nehmen und nicht auf „Tatort“-Schemata einzuengen.

Halfter statt Holster, Pathologe statt Gerichtsmediziner - welche Fehler begegnen dir in Krimis immer wieder und ärgern dich?
Am schlimmsten finde ich das Klischee vom Kommissar und seinen Assistenten, als sei eine Mordermittlung nicht stets eine Teamarbeit zahlreicher Kommissare. Der Grund für solche Fehler liegt in mangelnder Bereitschaft zur Recherche. Am meisten ärgere ich mich über Autoren, die so tun, als hindere sie eine genauere Kenntnis des Lebens am Erfinden von Geschichten. Dabei ermöglicht sie es erst, die ewig gleichen Konflikte, Begierden und Intrigen auf neue, moderne Art zu erzählen.

Welchen Rat würdest du Autorinnen und Autoren geben, die ihren ersten Krimi in einem Verlag veröffentlichen wollen?
Arbeitet an euren Figuren und der Glaubwürdigkeit ihres Tuns, bis ihr selbst keine Zweifel mehr an der Geschichte habt. Streicht alle Erklärungen und ersetzt sie durch Handlung. Nehmt Kritik an euren Texten ernst. Fallt nicht auf Zuschussverlage herein oder auf Agenten, die Geld vorab von euch nehmen wollen. Und lasst euch nicht entmutigen, wenn es mit dem ersten Manuskript nicht gleich klappt.


Horst Eckert wurde 1959 in Weiden/Oberpfalz geboren. Eckert studierte Soziologie und Politische Wissenschaft in Erlangen, nach vier Semestern zog es ihn allerdings mit Freundin und Katze nach Berlin. Dort tauchte er nicht nur in die Welt der Werte im Zeitalter der Globalisierung, sondern auch ins harte Leben ein: Bierschlepper in einer Diskothek, Fahrstuhlführer bei Hertie, Redaktionshospitant beim ZDF.
Die Liebe führte ihn schließlich in die „Alt-Hauptstadt“ Düsseldorf, laut Eckert „Hort der Korruption und Gewalt, ein schöner Ort zu Leben“. Der WDR schickte ihn an den Niederrhein, die Tagesschau durch ganz NRW und der Sender Vox sogar nach Kambodscha und Eritrea. 1994 schrieb er seinen ersten Roman.
Bereits sein dritter Krimi „Aufgeputscht“ wurde mit dem begehrten Marlowe-Preis ausgezeichnet, der endgültige Durchbruch gelang ihm mit „Die Zwillingsfalle“ (Glauser-Preis). Seitdem bleiben Eckerts Krimis nicht nur der deutschsprachigen Leserschaft vorbehalten: Drei sind bereits auf tschechisch erschienen, eine französische Übersetzung von Zwillingsfalle ist im renommierten Gallimard-Verlag in Arbeit.
www.horsteckert.de

Aktueller Thriller: Schwarzer Schwan (grafit)

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