Für den Federwelt Newsletter stellte mir Andreas Wilhelm drei Fragen über die Textmanufaktur

3 Fragen an ... André Hille, Textmanufaktur

Vor einem guten Jahr haben Sie die Textmanufaktur ins Leben gerufen. Wie kamen Sie auf die Idee, und was ist das Ziel dieses Angebotes?
Ziel des Angebots war es von Anfang an, qualifizierte Weiterbildung für Schriftsteller anzubieten. Es gibt zwar das Literaturinstitut in Leipzig oder den Studiengang Kreatives Schreiben in Hildesheim, aber wer nicht mehr studieren kann oder möchte, dem ist der Zugang zu renommierten Dozenten oft versperrt. Hier jedem die Möglichkeit zu bieten, unabhängig von Alter oder irgendwelchen Auswahlverfahren, mit Lektoren von Fischer, Aufbau, KiWi oder auch mit Autoren wie Wladimir Kaminer, Ulrike Draesner oder Feridun Zaimoglu an den eigenen Texten zu arbeiten, das ist mein Anliegen. Mir geht es um eine gewisse Demokratisierung des Lernprozesses.
Darüberhinaus ist mir aufgefallen, dass es in Deutschland ein Manko an dramaturgischer Ausbildung gibt. Auf der anderen Seite geht ohne eine vernünftige Sprache vor allem im literarischen Bereich auch nichts. Hier eine Verbindung zu schaffen, wenn man so will zwischen E und U, das ist im Kern mein Ziel.
Sukzessive wird die Textmanufaktur nun ausgebaut zu einer Schule für Textkompetenz, das heißt, es kommen Angebote für Lektoren und Journalisten dazu. Sie soll mittelfristig zentrale Anlaufstelle für "Textarbeiter" insbesondere im freiberuflichen Bereich werden.

Es überrascht, wie umfangreich das Seminarprogramm ist, das Sie anbieten, und wie vergleichsweise günstig die Kosten für die Teilnehmer sind. Wie finanzieren Sie die doch sicher umfangreichen logistischen Bemühungen, die Bewerbung, die Raummieten und letztlich die hochkarätigen Seminarleiter?
Momentan überwiegend dadurch, dass ich sehr viel arbeite. Administration, Pressearbeit, Seminarbegleitung, Programmplanung, Reisen. Das heißt, dass meine Tage oft lang sind, aber man weiß zumindest, wofür man arbeitet. Trotz allem sind die Kurse so kalkuliert, dass am Ende ein bisschen übrig bleibt. Die Textmanufaktur ist kein gemeinnütziger Verein, sondern soll auch Unternehmen sein. Ob die Preise auf Dauer zu halten sind, muss man sehen. Hier gibt es manchmal auch Interessenskonflikte der Teilnehmer zwischen dem Bedürfnis nach günstigen Kursen und der Arbeit in möglichst kleinen Gruppen. Beides geht nicht, und ich versuche hier, einen guten Kompromiss zu finden.

Die Erlernbarkeit der handwerklichen Grundlagen des Schreibens wird hierzulande oft angezweifelt oder bestenfalls in den Bereich des allzu kommerziellen Mainstreams verwiesen. Wie sind Ihre Erfahrungen mit den Seminaren und dem Feedback der Teilnehmer?
Ich sage immer: 95 Prozent sind erlernbar, 5 Prozent nicht. Aber diese 5 Prozent wiegen, vor allem im literarischen Bereich, fast genauso viel wie die anderen 95. Aber ich verstehe auch nicht, was man gegen das Lernen haben kann! Wir lernen alle, ständig. Was ist verkehrt daran, das Schreiben zu lernen? Wir begehen oft den Fehler zu glauben, weil wir die Sprache beherrschten, könnten wir auch Bücher schreiben. Aber das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Der Autor und Kritiker Carsten Probst hat letztens gesagt: "Das literarische Schreiben ist ein Schreiben in einer neuen Sprache." Und das muss man lernen.
Die Teilnehmer reisen fast durchweg begeistert wieder aus Leipzig ab. Ich versuche eine kritische und zugleich konstruktive Atmosphäre in jedem Seminar zu schaffen: Wo liegen die Schwächen des Autors? Wo das Potenzial des Textes? Wie verhält sich dieser Text zur Marktsituation? Praxisbezug und Markt sind mir sehr wichtig und haben in den Diskussionen ihren Raum. Im Mittelpunkt steht aber immer die Arbeit am konkreten Text. Dass die Teilnehmer mit einem höheren Textbewusstsein wieder nach Hause fahren, das ist vor allem mein Anliegen.

Zurück

Menu