Sie haben viele Jahre an Ihrem monumentalen Buch „Der Turm“ gearbeitet, sicher eine einsame Tätigkeit, nun diese große mediale Aufmerksamkeit. Wie empfinden Sie diesen extremen Wechsel?
Ja, wie empfindet man das? Als Wechselbad natürlich. Man lebt ja als Autor eher eine zurückgezogene Existenz, und plötzlich steht man vor Fernsehkameras und großem Publikum. Damit muss man klar kommen. Aber man darf sich davon nicht beeindrucken lassen. Jeden Tag, sobald ich kann, sitze ich wieder vor dem weißen Blatt Papier und dem ist es Wurscht, wie viel Preise und wie viel Aufmerksamkeit ich kriege.

Ist das Durchhaltevermögen die erste Tugend eines Autors?
Das kommt drauf an, was für ein Typ Autor man ist. Bei einem umfangreichen Buch muss man die Fäden zusammenhalten, die Entwicklungslinien verfolgen können. Ohne eine gewisse Disziplin geht das nicht.

Und als Autor im Allgemeinen?
Das sowieso. Unser Beruf ist ein Langzeitjob, Ich bin jetzt fast 40, die Aufmerksamkeit ist auf dem Höhepunkt. Es wird sicher nie wieder so sein. Und ob man letztlich ein wirklich großer Autor sein wird, das kann heute niemand sagen. Da muss noch viel Wasser die Elbe runterfließen.

In der „Ouvertüre“ Ihres Buches sprechen Sie von der „süßen Krankheit Gestern“. Ist das eine Krankheit, von der ein Autor befallen sein muss, um schreiben zu können?
In gewissem Sinne schon. Jeder Autor nährt sich von Originaleindrücken. Die müssen nicht unbedingt die Kindheit betreffen oder Jugend, von der man ja geprägt wird, aber das kommt sicher immer wieder, selbst bei den Büchern, die angeblich überhaupt nichts mit eigenbiografischen Dingen zu tun haben. Ob das eine Krankheit ist? Das ist die Kunst, den schmalen Grat zu halten. Süß ist das Hingeben an die schöne Erinnerung immer, aber man sollte nichts vergessen. Vergangenheit ist nicht nur selig oder schön. Sie enthält beides. Aber letzten Endes nährt man sich immer von ihr, selbst wenn man sogenannte Gegenwartsromane schreibt, denn diese Gegenwart muss erst mal vorbei sein, damit man darüber schreiben kann.

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